Geschichte des Josefinum

Der Ausseer Kaplan, spätere Grazer Domherr und Volksschriftsteller Monsignore Johann Wöhr (Pseudonym Hans Wiesing, geb. am 1. Nov.1842 in Rottenmann, gest. am 2. März 1896 in Graz) errichtete nach einem gewonnenen Prozeß am 15. Okt. 1870 eine Ausseer Kinderbewahranstalt mit Arbeitsschule (Nähen).
Er kaufte zu diesem Zweck um 7.000 fl. das Haus Markt Aussee Nr. 13, wofür Kaiser Franz Joseph eine Summe von 1.300 fl. spendete, Kaiserin Augusta 200 fl. Frau Anna Gräfin von Meran spendete als Schutzpatronin dieses Hauses jährlich 100 fl. sowie Leinwand und Stoffe. Das Generalmutterhaus der Kreuzschwestern in Ingenbohl, Schweiz (gegründet 1856 in Chur, eine franziskanische Kongregation der röm.-kath. Kirche) stellte anfänglich zwei Schwestern zur Verfügung.

Bereits 1871, mit einer dritten Schwester, bei 60 Kindern und 120 Arbeitsschülerinnen, übernahmen die Kreuzschwestern in Aussee auch private Krankenpflegen, was das ur-sprüngliche Tätigkeitsfeld der Kongregation darstellte. Die Schwestern hatten den ganzen Unterhalt für sich und das Haus immer selbst zu verdienen.
1878 wurde auf Anordnung der k.k. Schulverwaltung das System des Fröbel’schen Kindergartens eingeführt. 1893 war das Haus Nr. 13 für die Betreuung von bereits ca. 230 Kindern ganz unzureichend geworden und baufällig, so daß es im Februar abgebrochen und mit einem kleinen Theatersaal neuer-richtet wurde, Spenden des Kaisers Franz Joseph, des Seckauer Fürstbischofes Dr. Johann Zwerger und eine Ortssammlung hatten den Neubau ermöglicht, der bereits am 12. No-vember 1893 von Dechant Anton Marx eingeweiht wurde.

1894 wurde die Meßkapelle zum hl. Josef, dem Schutzpatron der Steiermark, eingerichtet, womit das ganze Haus als JOSEFINUM benannt wurde. Es war die ganze Zeit seines Bestehens ein soziales und kultu-relles Zentrum von Aussee.

Am 8. Dezember 1897 wurde von Dechant Anton Mader im Josefinum die MARIANISCHE KONGREGATION, eine Laienschwester-Vereinigung gegründet und am 2. Februar 1898 in Rom aggregationiert, die sich hauptsächlich kulturellen Veran-staltungen, so z.B. dem Ausseer Laien-Theaterwesen widmete, sie wurde 1938 von den Nationalsozialisten aufgelöst und ab 1945 nicht wiedererrichtet.

1898 wurde eine Musik-schule mit Klavier- und Zitherunterricht eröffnet. Ab 1902 wurde versucht, das nordwestlich benachbarte Grundstück des k.k. Salinenärars (Feuerwehrdepot) als Spielwiese für die Kinder zu erwerben, was von der Verwaltung des Kaisers Franz Joseph zuerst abgelehnt, aber nach vier Jahren hartnäckigen Verhandlungen im Tauschweg 1907 doch möglich wurde. (Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Kabinettskanzlei 1903/61).

Nach dem Ersten Welt-krieg, in der Zwischenkriegszeit, während des 2. Weltkrieges und danach in den Wintermonaten Schulausspeisungen für täglich bis zu 200 Kinder. (1927 wurden 200 Knaben und 130 Mädchen im Kindergarten betreut.) Am 28. August 1921 heiratete der Komponist Wilhelm Kienzl in der Anstaltskapelle zum zweiten Mal.

1926 übernahmen die Kreuz-schwestern auch die Krankenpflege und Küche im Bad Ausseer KRANKENHEIM und be-sorgten diese dann auch im LANDESKRANKENHAUS BAD AUSSEE bis Ende 1973. Damit be-sorgten die Schwestern mehr als 103 Jahre lang in Aussee Krankenpflegen. Von 1930 bis 1931 erfolgte eine gründliche Renovierung des Hauses mit Hilfe zahlreicher Spenden aus der Bevölkerung. — Von Februar 1939 bis Mai 1945 gab es hier einen N.S.V.-Kindergarten (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt), wobei die Schwestern nicht vertrieben wurden, weil sie im KRANKENHAUS Pflegedienste leisteten und es niemanden gab, der sie hätte er-setzen können. Ab Herbst 1945 gab es wieder einen Kindergarten und eine Arbeits- und eine Musikschule, diese beiden bis 1950. Von 1972 bis 1974 Erweiterung durch Ankauf des benachbarten Hauses Nr. 14 und dessen Neubau für eine moderne Frühstückspension.

Das JOSEFINUM mußte Ende August 2017 wegen fehlenden Nachwuchses und bestehender Überalterung geschlossen werden. Letzte Oberin des JOSEFINUMS AUSSEE war Schwester Sophronia (Picej Josefine). Sie war schon im Alter von 15 Jahren in den Orden eingetreten, wurde zur Kindergärtnerin und Horterzieherin ausgebildet, feierte 1959 ihre Profess, war von 1959-1966 im Kinder- und Jugendwerk Leoben und von 1966-1977 Horterzieherin in Bruck/Mur. Ab 1977 waren ihr Leitungsaufgaben anvertraut im JOSEFINUM LEOBEN und in Bruck/Mur.

Sie übernahm 2004 die Leitung des JOSEFINUMS AUSSEE bis zu seiner Schließung 2017. Nach der Leitung der Gemeinschaft St. Ulrika in Graz starb Schwester So-phronia am 4. März 2021 in Graz im Alter von 82 pflichterfüllten Jahren. (Pfarrblatt Seel-sorgeraum Steirisches Salzkammergut Nr. 5/6 — Jg. 3 / Mai-Juni 2021.)

Der Rückzug des Ordens aus Aussee war total: Die Häuser Nr. 13 und 14 wurden an Private verkauft, sogar die Grabtafeln der am Ausseer Friedhof bestatteten Schwestern wurden eingezogen. Der Kindergarten wurde zunächst von der röm.-kath. Pfarre, vom Stift Admont und der Ge-meinde Bad Aussee übernommen, die Frühstückspension von privater Seite. Zuletzt mußte auch der Kindergarten geschlossen werden.

Stellvertretend für alle die vielen Ausseer Krankenpflegerinnen aus dem Orden der Kreuz-schwestern sei hier der klosterinterne Nachruf auf Schwester Petronilla Ladenhausen ange-führt: Am 29. Juni des großen Jubeljahres 1950 hat in den ersten Morgenstunden ein opferreiches Leben für diese Zeitlichkeit den letzten Schlag getan, es war unsere liebe Jubilarin, Kran-kenpflegerin und Mitschwester Petronilla.

Nach ihrer ersten hl. Profeß im Jahre 1888 wirkte sie 10 Jahre als tüchtige Krankenpflegerin in Leoben, Stefanispital, hernach ununterbro-chen in der Privatpflege 52 Jahre lang in Bad Aussee, das ihr zur zweiten Heimat wurde. Hier gibt es kaum ein Haus, in welches sie nicht kam; viele pflegte sie in aufopferungsvoll-ster Weise bis zur völligen Gesundung, vielen verhalf sie einen guten Heimgang.

Die Steierische Alpen-Post Nr. 48 und Nr. 50 / 1915 meldete, daß u. a. der Krankenschwester Petronilla Ladenhausen für die Pflege im Genesungsheim des Grafen Albrecht von Meran in Grundlsee die bronzene Ehrenmedaille der Roten Kreuzes verliehen wurde.

Ungezählt waren die Opfer, die sie für ihre lieben Kranken brachte. Bei jedem Wetter, in Sturm und Regen, in Eis und Schnee, machte sie ihre Wege, auch wenn sie selbst leidend war. An sich selbst peinlich nett und ordnungsliebend, mußte auch alles bei den lieben Patienten rein und sauber sein. Jeden Tag machte sie den beschwerlichen Weg zur Kirche, wo sie oft als erste ankam. Sie war in wahrem Sinn des Wortes eine „barmherzige Schwester“. So war sie bis zum Letzten noch bei einer schwerkranken Frau in Pflege und tat ihr alle Dienste, bis sie tatsächlich nicht mehr konnte. Sie mußte jemand nachhause schicken, daß man sie holen komme, denn sie war nicht mehr imstande selbst zu gehen. Von dieser Zeit an stand sie nicht mehr auf. Es fiel der guten Schwester überaus schwer, nicht mehr dienen zu können; aber der Herr hat sein „genug“ gesprochen und wird ihr überreichen Lohn sein für die Treue in seinem Dienste durch volle 62 Ordensjahre. R.I.P. Das Leichenbegängnis zeugte von der Dankbarkeit u. Hochschätzung der Bevölkerung: 7 Priester, 20 Schwestern, eine Reihe weißgekleideter Mädchen und eine ziemliche Anzahl der Bevölkerung begleitete die Heimgegangene zu Grabe unter den Klängen der Musikka-pelle. So ruht sie nun im idyllischen Friedhof ihres geliebten Aussee mit ihren lieben Mit-schwestern und den ihr vorausgegangenen Patienten dem Auferstehungstag entgegen.